Poesie

Jeside, desto tot

 

Die Leichtathletik-WM 2019 in Katar auszutragen, hat sich leider nur angehört wie ein schlechter Scherz. Zumal dort das Interesse an Leichtathletik ähnlich ausgeprägt zu sein scheint wie das der Führungsclique an demokratischen Strukturen. Und in anderen islamischen Ländern sieht zumindest Letzteres ähnlich aus – auch wenn „die westliche Welt“ allein aufgrund ihrer Waffenexporte dorthin keinen Grund zur Selbstgerechtigkeit hat. Ein Gedicht aus dem Jahr 2015:

 

Hisbollah, Hamas, Salafisten,
Kassam-Brigaden, Islamisten
kriegen Kohle aus Katar,
Al-Qaida war schon da

Und auch das Erdöl von den Saudis,
das hier verpufft in dicken Audis,
finanziert die Kameraden
von IS und Al-Quds-Brigaden

Kohlemäßig kaum mal klamm –
siehe auch Boko Haram –,
geht es um Terror und um Hass,
auf den Iran ist da Verlass

Denn dort baumeln – was für Szenen –
in den Städten von Baukränen
erhängte Oppositionelle –
für viele eine Bagatelle

Die man gar nicht gerne hört,
weil es die Geschäfte stört,
Denn für Firmen zählt meist dies:
Erst kommt der Schotter, dann der Kies

Vor allem deutsche Unternehmer
finden es durchaus bequemer,
mit den Mullahs anzubandeln,
egal, wen die wie oft misshandeln

Denn Umsatz, Kohle und Rendite
lohnen eine Stippvisite
Auch Niedersachsens IHK
war im Iran schon einmal da

Namentlich Herr Dr. Schrage,
der stellte dort nicht eine Frage,
die den Mullahs nicht genehm,
sein Bericht ist schon extrem

Zwar will er nicht per se das Schlechte,
erwähnt dennoch nicht Menschenrechte –
I have a dream,
ganz legitim:

Zu Weihnachten da wünsch’ ich mir
von Steiff ein Sprengstoffgürteltier
Das pack’ ich ein und schick’ es dann
per DHL nach Teheran,
sowie nach Doha und Riad:
Dort macht es alle Mullahs platt!

Für Scheichs und Mullahs wäre dies
ein schneller Schritt ins Paradies

Advent, Advent, der IS brennt

Damit ihr es endgültig wisst:
Ich war noch nie ein Pazifist
Nicht nach den Morden von Paris –
die Täter sind im Paradies?

Islamisten und Faschisten,
Judenhasser und Rassisten
Für die fehlt mir die Empathie,
ein Pazifist – das war ich nie

Januar 2015 – Charlie Hebdo:
Morde coram publico
Ein Anschlag auf den freien Geist,
auf die Satire und das heißt:

In jedem Falle solidarisch
und zu fordern exemplarisch
für Islamisten mit Neurose:
eine Sprengstoff-Gürtelrose

Ist jetzt der passende Moment,
leider ohne Happy End?
Ich wünsche mir zu Nikolaus:
Blast dem IS das Licht jetzt aus!

Tot & Töter

Im Frühjahr 2014 gab es – nach zwei Jahrzehnten Pause – aus Hamburg endlich die Neuauflage der Publikation Kot & Köter, Untertitel: Die Zeitschrift für den Deutschen Hundefeind, u. a. mit Beiträgen zum sogenannten Nuttenpudel, und mit einem interessanten Menü, dem Argentinischen Dackelrücken. Aus diesem Anlass habe ich damals aus Hannover an der Leine (!) einen kleinen solidarischen Gedicht-Gruß an die Alster geschickt:

Wenn du im Park beim Joggen
wirst verfolgt von Doggen
Und beschwerst dich dann beim Halter,
doch der sagt nur: Alter,
die wollen doch nur spielen!
Dann solltest du gut zielen,
mit der .44 Magnum:
Und schon fall’n beide – zack – um!
Der Halter kriegt dann Atemnot,
denn seine Köter, die sind tot
Und mit den letzten vier Patronen
machst du die Doggen zu Schablonen

Tribut zollen

Nicht können, aber wollen
Vom Alkohol noch aufgequollen
Nach diesem Abend dann erneut,
Weil man keinen Tropfen scheut

Und gibt es Ärger mit der Ollen:
Tribut zollen!
Mit Blumenstrauß bei Candle Light
Kommt Mann bei Weibern meistens weit

Alternativ hier eine Variante,
Ausprobiert an einer Tante,
Die stets ungehalten war,
Kam man spät aus einer Bar

Hast Du Probleme mit der Alten:
Abschalten!
Nein, nicht Du, sondern die Frau,
Und danach fünfzehn Jahre Bau

Weihnachten

Frohlocket, Weihnachten steht vor der Tür! Und in einigen Kaufhäusern wurden schon die ersten Schokoladen-Weihnachtsmänner in den Auslagen gesichtet. Da rundet der heilige Abend im Jahr 2012 bei einer deutschen Ideal-Familie – Vater, Mutter, Tochter, Sohn – das Bild ab.

Weihnachtsbaum und Tannenduft
Vater trägt schon feine Kluft
Mutter steht seit früh am Herd
Heute Abend wird beschert

Die Kinder sind sehr aufgeregt
Draußen schneit es unentwegt
Erwartet werden viel Verwandte
Der Tannenbaum nie schöner brannte

Getränke stapeln sich im Keller
Vater köpft ’nen Muskateller
Probiert ihn kurz und nickt zufrieden
Hat sich jedoch noch nicht entschieden

Was passt zu einem Gänsebraten?
Welcher Wein? Er kann nur raten
Vater köpft die nächste Flasche
Ein Bordeaux war in der Tasche

Er leert sie flott, ununterbrochen
Die fehlt der Mutter jetzt beim Kochen
Sie herrscht ihn an: Denk an das Essen!
Bezeichnet ihn als pflichtvergessen

Vater sieht den Fehler ein
Und holt sofort den nächsten Wein
Er zeigt viel Stil vor dem Probieren
Will den Wein erst dekantieren

Doch da kommt der Sohn dazu
Auch der ein Rebensaft-Filou
Schnappt sich die Flasche, setzt kurz an
Schon ist sie leer, das war es dann

Die Mutter sich sehr echauffiert:
So was sei ihr noch nie passiert
Vater schafft es nicht zu schlichten
Egal, ein Wein wird es schon richten

Gesagt, getan, ein Griff zum Schrank
Barolo heißt der neue Trank
Der Sohn stößt freudig mit ihm an
Die Mutter mault erst, aber dann

Prostet sie den beiden zu
Vergessen ist der Streit im Nu
Hinzu kommt nun mit schwerem Schritt
Die Tochter – riecht nach Rum-Verschnitt

Sie greift zur Flasche – nicht mehr nüchtern –
Barolo macht sie selten schüchtern
Die Gans derweil im Ofen schmort
In Vaters Magen es rumort

Der Braten braucht noch eine Stunde
Da klingelt es – o Schrecksekunde!
Vor der Tür steh’n Onkel, Tante
Viel zu früh: typisch Verwandte

Sie sind beladen mit Präsenten
Das ist so einer von Momenten
Wo alle schweigen, eher betreten
Sie werden dennoch reingebeten

Umarmung, Küsschen, Händedruck
Dazu ein erster Rebenschluck
So steh’n sie noch in der Garderobe
In Abendkleid und teurer Robe

Doch Mutter ist noch unfrisiert
Und Vater guckt schon leicht kariert
Im Wohnzimmer, an ihren Plätzen
Sie alle gegen Nachbarn hetzen

Vater sieht jetzt sehr erschrocken,
dass die Runde wieder trocken
Der Sohn flugs in den Keller eilt
Riesling wird nun angepeilt

Mutter macht sich derweil frisch
Sie wählt ein Kleid – verführerisch
Der Tochter ist das völlig schnuppe
Sie kippt noch Cognac in die Suppe

Zückt ihr Handy, drückt die Tasten
Hier wird heute niemand fasten
Vater lockert die Krawatte
Sagt im Scherz: alte Fregatte

Zur Tante, die nach Luft nun ringt
Weil der Witz total misslingt
Der Onkel schaltet sich jetzt ein
Da kommt der Sohn mit Riesling rein

Der Onkel wutentbrannt, nicht nett
Fegt den Wein von dem Tablett
Flaschen bersten, Glas zersplittert
Die Mutter oben Unheil wittert

Geschminkt und im Paillettenkleid
Eilt sie herunter, hört den Streit
Setzt an zum Schlichten, routiniert –
Und wird als Flittchen tituliert

Das war der Onkel, auch ihr Schwager
Von der Figur nicht grade hager
Der Mutter wird es jetzt zu viel
Sie schlägt zurück, nur nicht subtil

Bezeichnet ihn als fette Sau
Und macht nun ordentlich Radau
Jetzt wankt die Tochter in den Raum
Touchiert dabei den Weihnachtsbaum

Da klingelt es, wer kann das sein?
Vater holt noch einen Wein
Stammelt was von Gastfreundschaft
Darauf die Mutter divenhaft

Zur Haustür eilt, erotisch grinst
Hoffend, dass sich dies verzinst
Derweil der Sohn das Zimmer fegt
Des Onkels Wut hat sich gelegt

Die Tante will noch ein Getränk
Die Tochter fuchtelt ungelenk
Mit dem Tranchierdolch in der Luft
Gewichen ist der Bratenduft

Verbranntem Fleisch, das in der Küche
Verbreitet allerlei Gerüche
Und die Bagage hält kurz inne,
schnuppert, aktiviert die Sinne

Mutter reißt die Haustür auf
Hat ihre Hand noch auf dem Knauf
Frivolen Blicks bläht sie die Nüstern
Leckt sich die Lippen ziemlich lüstern

Im Hinterkopf hat sie ’ne Zote –
Doch draußen steht der Pizzabote

Kurt wird 90!

Opa Kurt, noch nicht dement,
ist länger schon inkontinent

Erleichtert sich bei Neffe Gunther,
mal auf der Treppe und mal drunter

Die Tochter droht per Klageschrift,
weil er vor ihre Haustür schifft

Sie würden ihn so gern entsorgen,
viel lieber heute noch als morgen

Doch Kurt, inzwischen fast schon blind,
macht noch der Pflegerin ein Kind